Wenn Sie Bescheid vom Versorgungsamt erhalten haben und der Grad der Behinderung, wie er festgestellt wurde, nicht Ihren Vorstellungen entspricht oder aber beantragte Merkzeichen nicht zuerkannt wurden, werden Sie sich fragen, ob es sinnvoll ist, gegen die Entscheidung des Versorgungsamtes Widerspruch einzulegen.
Meine Antwort auf die entsprechende Frage lautet, geprägt von der Erfahrung aus einer Unmenge einschlägiger Verfahren, eindeutig ja.
Die Versorgungsämter handhaben die versorgungsmedizinischen Grundsätze (GdB Tabelle) außerordentlich restriktiv.
Zum Teil werden Besserungen der medizinischen Befunde, die in der Zukunft vielleicht einmal möglich sind, bereits als gegeben unterstellt und darüber hinaus ist es leider gängige Praxis, bei Befunden, für welche je nach Ausprägungsgrad verschiedene Grade der Behinderung genannt sind, eigentlich fast immer ausschließlich den niedrigsten Eingangs-Wert in Ansatz zu bringen.
Fazit: der Widerspruch gegen einen Bescheid eines Versorgungsamtes macht eigentlich immer Sinn, denn aufgrund der äußerst restriktiven Handhabung der Versorgungsämter ist die reale Chance gegeben, einen höheren Grad der Behinderung im Widerspruchsverfahren oder im Rahmen des späteren Verfahrens zuerkannt zu erhalten.
Wer also nicht Widerspruch eingelegt, verschenkt die Möglichkeit, letztendlich doch noch einen höheren Grad der Behinderung zu bekommen.
Der bloße Widerspruch an sich ist aber natürlich nur ein temporäres Hilfsmittel, um die Bestandskraft zu verhindern.
Irgendwann einmal wird das Versorgungsamt eine Widerspruchsbegründung bekommen wollen und wenn Sie selbst diese nicht liefern, den Widerspruch zurückweisen.
Wenn Sie bereits Widerspruch eingelegt haben und nicht wissen, wie Sie die Widerspruchsbegründung vornehmen wollen – nicht verzagen, Anwalt fragen, am besten einen Fachanwalt für Sozialrecht.
Klare Antwort: ein Widerspruch muss natürlich immer dann eingelegt werden, wenn Sie zunächst einmal verhindern wollen, dass die Entscheidung des Versorgungsamtes bestandskräftig wird.
Die obige Frage zielte allerdings primär darauf ab, dass es Konstellationen gibt, wann Sie eigentlich im eigenen Interesse fast zwingend Widerspruch einlegen müssen.
Das ist nach meiner jahrzehntelangen Erfahrung immer dann der Fall, wenn Sie ohnehin schon vom Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 30 oder gar 40 zuerkannt bekommen haben.
Der Grund hierfür liegt zum einen in meiner jahrzehntelangen Erfahrung in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts und in der Statistik: in aller Regel lässt sich eine Entscheidung eines Versorgungsamtes fast immer nach oben hin korrigieren und meistens um wenigstens 10 oder 20 Punkte.
Sie können das nun rechnerisch selbst nachvollziehen: wenn Sie schon vom Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 30 oder 40 bekommen haben, liegen Sie auf jeden Fall in Reichweite zu Grad der Behinderung von 50 und damit der Schwerbehinderteneigenschaft.
Sie müssen also schon im eigenen Interesse gegen den Bescheid Widerspruch einlegen (oder vom Anwalt einlegen lassen). An dem Sprichwort „wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“, ist schon etwas daran.
Wenn Sie schon 30 oder 40 zuerkannt bekommen haben, können da genauso gut auch 50 daraus werden.